Was 3D und Virtual Reality verbindet
Eine kleine Historie der 3D Brille
Wir Menschen haben zwei tolle Begabungen: unsere blühende Fantasie und ein nimmersatter Erfindergeist. Hier sind die aufregendsten Meilensteine, die beide in der Geschichte dreidimensionaler Bildgebung miteinander verbinden.
Ein ewiger Begleiter auf dem Weg zum überzeugenden 3D-Erlebnis sind die Missverständnisse. 3D-Brille, VR-Headset, HMD, Immersion – da steigen viele aus. Außerdem hat die jüngst rasante Entwicklung der Technologie eine beeindruckende Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten hervorgebracht, die immer wieder Unbehagen weckt. So sind Virtual Reality-Headsets bzw. VR-Brillen für manche immer noch bloße Science Fiction-Accessoires, die gleichzeitig faszinieren und ein bisschen Angst machen.
James Bond als „Mad Scientist“
Ein Produkt dieser zwiespältigen Haltung ist der Hollywood-Blockbuster „The Lawnmower Man“ (Der Rasenmähermann) von 1992. Pierce Brosnan mimt darin – drei Jahre vor seinem ersten Auftritt als James Bond – den verrückten Wissenschaftler, der sein Labor voller VR-Technik zur kognitiven Leistungssteigerung einzusetzen versucht. Der Film, der heute dank seines B‑Movie-Charmes Kultstatus hat, ist eine High-Tech-Version von Mary Shelleys Roman über Viktor Frankenstein, dem jungen Schweizer, der einen künstlichen Menschen erschaffen will, aber ein Monster kreiert.
Die 3D-Brille
Aber eins nach dem anderen. Denn lange vor der VR-Brille gab es die klassische 3D-Brille. Deren Geschichte ist nämlich beinahe so alt wie Mary Shelleys Gruselgeschichte selbst. Das erste so genannte Stereoskop des Briten Sir Charles Wheatstone datiert 1838! Das Konzept ist simpel und bis heute gültig. Jedes 3D-Bild setzt sich aus zwei Bildern zusammen – für jedes Auge eins. Sie unterscheiden sich durch die Perspektive, aus der das jeweilige Bild aufgenommen wurde. Dabei wird das Prinzip unseres natürlichen Sehens simuliert. Denn unsere Augen sehen ebenfalls aus leicht verschiedenen Blickwinkeln. Im Hirn werden diese beiden über die Sehnerven empfangenen Bilder erst zu einem räumlichen Bild „zusammengesetzt“. Sie unterscheiden sich durch die Perspektive, aus der das jeweilige Bild aufgenommen wurde. Dabei wird das Prinzip unseres natürlichen Sehens simuliert. Denn unsere Augen sehen ebenfalls aus leicht verschiedenen Blickwinkeln. Im Hirn werden diese beiden über die Sehnerven empfangenen Bilder erst zu einem räumlichen Bild „zusammengesetzt“. Das Stereoskop wurde ein Hit und lebte als Spielzeug für Groß und Klein fort – z.B. als „View-Master“ bis in die 80er Jahre. Wer Lust hat, kann sich ja mal bei Ebay danach umschauen.

Stereoscoop Viewmaster
Mit der Zukunft auf einer Wellenlänge
Aber natürlich ging die Entwicklung weiter, schließlich konnten statische Bilder, selbst in 3D, längst nicht so begeistern wie das Paradestück der Massenkultur – das Kino! Gegen dieses Storytelling hatte das einsame Starren in einen kleinen Automaten keine Chance. In den 1920er Jahren war es soweit: 3D-Bilder lernten das Laufen. Dafür wurden speziell präparierte Brillen entwickelt, um die auf der Kinoleinwand überlagerten Bilder im Hirn des Betrachters als „dreidimensional“ erscheinen zu lassen. Heute gibt es mindestens sechs verschiedene Techniken dafür; überwiegend wird mit polarisiertem Licht gearbeitet. Den Grundstein für einen ersten Boom von 3D-Filmen in Farbe legte der Erfinder Edwin Land, Mitbegründer des Unternehmens Polaroid. Er entwickelte ein neues Verfahren, das auf der Weltausstellung 1939 in New York für Furore sorgte. Der Titel des Films – „In Tune with Tomorrow“ – war dann auch programmatisch für das seither blühende Image der 3D-Technologie.
Anfang der 50er Jahre kamen zahlreiche „dreidimensionale“ Hollywood-Blockbuster in die Kinos. Ein Grund war, dass in den USA das Fernsehen damals schon mit dem Kino zu konkurrieren begann. Nun setzte man also verstärkt auf den Entertainment-Faktor 3D. Selbst eine Ikone wie Alfred Hitchcock wurde genötigt, seinen Thriller „Dial M for Murder“ (1954) in 3D-Technik zu filmen. Ausgerechnet good old Alfred, dessen berufliche Anfänge noch in der Stummfilmära lagen! Seine Kameraeinstellungen wählte er eigentlich danach aus, Story und Figurenzeichnung visuell optimal zu vermitteln. Jetzt musste er plötzlich ungewöhnliche Kamerawinkel wählen, um den 3D-Effekt möglichst spektakulär zu inszenieren. Da sich die erste 3D-Euphorie damals aber schon wieder legte, wurde der Film nur in den USA in 3D gezeigt.
Digitales Comeback
Immer wieder gab es kleinere 3D-Comebacks – selbst im Fernsehen. Manche werden sich noch an die experimentellen TV-Ausstrahlungen in den 70er Jahren erinnern, für die TV-Zeitschriften und Tageszeitungen eine schlecht sitzende, aber kostenlose 3D-Brille als Beilage ausgaben. Damit verwandelte sich das Farbfernsehen durch die veraltete, aber eben günstig zu produzierende Farbfiltertechnik wieder ins Schwarzweiß-Fernsehen. Mit dem Fortschritt des digitalen Bildgebungsverfahrens und der technischen Ausrüstung vieler Multiplex-Kinos kam es zu Beginn des 21. Jahrhunderts zu einer echten Renaissance des 3D-Kinos. Zumindest für Technik-Aficionados bildete der computeranimierte Fantasystreifen „Beowulf“ von 2007 mit (einer digitalen) Angelina Jolie einen ersten Höhepunkt. Künstlerisch war der Film ein Debakel, aber die beeindruckenden 3D-Effekte sorgten für Aufsehen. Eine weltweite Zäsur des Genres schuf James Cameron mit „Avatar“ (2009). Das Science-Fiction-Fantasy-Epos übertraf auch kommerziell alle Erwartungen und ist letztlich mit dafür verantwortlich, dass hochwertige 3D-Produktionen und so auch die 3D-Brille kaum mehr aus den Kinos wegzudenken sind. Aber nicht nur dort. Mit Flachbildschirmen und Beamern ist 3D heute auch zuhause möglich.
Leben in künstliche Welten
Ein Problem gibt es dennoch mit der beschriebenen Entwicklung. Denn 3D-Film und 3D-Brille verdammen den Nutzer zur Passivität. Die Imagination bleibt auf die Leinwand-Projektion beschränkt. Wie viel spannender wäre es, komplett in eine künstliche 3D-Welt, also eine virtuelle Realität einzutauchen, sich darin zu bewegen, darin aktiv zu werden? Diesen Traum haben viele Erfinder und Ingenieure seit den 50er Jahren verfolgt.
Einer davon war Morton Heilig. Sein Sensorama entwickelte er ab 1955 bis zur Patentierung 1962. Es simulierte z.B. eine Motorradfahrt durch Manhattan – Schräglage, Wind und Geruch inklusive, aber ohne echte Interaktivität. Und wegen der teuren Produktion auch ohne kommerziellen Erfolg. Im Auftrag der U.S. Air Force entwickelte Thomas Furness ab 1966 einen Flugsimulator, das „Super Cockpit“, in dem bereits im Helm integrierte Displays (HMD = Head Mounted Display) zum Einsatz kamen.
Sword of Damocles
Die erste funktionierende VR-Brille, mit der man sich selbstständig im Raum bewegen konnte, schuf 1968 Ivan Sutherland, ein us-amerikanischer Pionier der Computergrafik und VR-Technik. Die umständliche Mechanik oberhalb des Gerätes verführte wohl zu dem martialischen Namen „Damoklesschwert“ (Sword of Damocles). Das Gerät und die erzeugten Bilder machen aus heutiger Sicht deutlich, wie weit der Weg damals noch war, um eine überzeugende Interaktivität mit virtuellen Bildern zu schaffen.
Sutherlands „Damokles Schwert”
Entwicklungen ab den 1980ern
Selbst das Virtual Environment Display System der NASA aus den 80er Jahren war an die Qualitätsgrenzen der damals verfügbaren Computergrafik gebunden. Nichtsdestotrotz führte dieses Programm zum aktuellen Virtual Reality Lab der Weltraumbehörde, in dem Astronauten u.a. für Einsätze außerhalb der Internationalen Raumstation trainiert werden. Härter wogen die Probleme mit der attraktiven Darstellung für die Computerspiel-Industrie. Seit den 90ern rang sie um die kommerzielle Nutzung von dreidimensionaler Virtualität und Interaktion in computergenerierten Welten. Forte, Sega, Sony und Nintendo – sie alle scheiterten auch daran, dass die für Konsumenten bezahlbare Computerleistung noch nicht für großartige Spielerlebnisse ausreichte.
Schließlich war es 2013 das Oculus Rift VR-Headset, das den Durchbruch brachte. Über Crowd-Funding finanziert bot die Oculus Rift der Spielgemeinde enorme Vorteile gegenüber den Vorgängern. Die 3D-Darstellung in Echtzeit war überzeugend, das Blickfeld bis dahin unerreicht.
Neueste Entwicklungen
Seither kamen fortlaufend neue Modelle auch anderer Hersteller auf den Markt, z.B. HTC Vive, Samsung Gear VR, Oculus Go oder auch Index VR. Mittlerweile kommen manche Systeme kabellos und teilweise sogar ganz ohne weitere Hardware aus. Und längst wird die Technologie in vielen verschiedenen Bereichen der Gesellschaft eingesetzt. Neben der Wissenschaft, Lehre und der Medizin auch im Immobilienmarketing. Während in den USA Wohnungen und Häuser schon intensiv über VR-Technologie vermarktet werden, besteht in Europa noch viel Entwicklungspotenzial. Aber das ist ein Thema für sich.
Bildnachweis
Titelbild: Sergey Nivens/Shutterstock.com
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Der Markt gibt es vor: Größtmögliche Transparenz und eine gute Portion Erlebnis werden bei Kaufentscheidungen immer zentraler. Eine Entwicklung, vor der sich auch die Immobilienvermarktung nicht mehr verstecken kann. Neueste Technologien aus der Gaming-Welt setzen genau hier an und heben nun virtuelle Rundgänge auf ein neues, ungekannt stimmungsvolles Level – und das leicht zugänglich von der heimischen Couch aus.